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MikroNews: Das schadet dem Finanzplatz Deutschland!

Marco Herack
4 minuten gelesen

Ulrich liegt mit Hexenschuss flach. Hannah hat zu viel Arbeit und ich stehe kurz vorm Urlaub (= zu viel Arbeit). Das erklärt, warum wir momentan weniger produzieren als gewohnt. Ich habe es aber geschafft, zwei Folgen für die ForeignTimes aufzunehmen. Ihr sitzt also nicht auf dem Trockenen.

Da ich den Oktober über Urlaub habe, klinke mich bis 15.10. aus und danach finden wir unseren alten Rhythmus hoffentlich wieder. In jedem Fall wird uns immer klarer, dass wir das Team vergrößern sollten.


Die Sache mit der Glaubwürdigkeit

An den Märkten geht es wieder hoch her. Allerdings interessiert mich heute weniger, warum es eine (bisher) kleine Korrektur gibt, sondern mich interessiert Grenke.

Vorweg: Ich werde hier nicht beurteilen, ob die Protagonisten bei der Grenke AG schuldig sind oder nicht. Das muss jeder selbst entscheiden. Nachstehend verlinke ich euch das vorhandene Material beider Seiten:

  1. Guter Übersichtsartikel kurz nach der Veröffentlichung von Vicero
  2. Vicero Research
  3. Grenke AG Shortattack

Grenke hat mittlerweile einen Kontoauszug und eine Saldenbestätigung der Bundesbank vorgelegt. Der größte Anschuldigungspunkt, demnach bei Grenke rund 1 Mrd. Euro Cash fraglich sind, hat sich damit zum Großteil zerschlagen.

Viceroy schrieb aber auch nicht, dass alles nicht da sei, sondern: „Viceroy believes a substantial portion of Grenke’s cash does not exist“. Man kann nun rätseln, ob die 150 Mio. Euro, die zur Milliarde hin noch nicht nachgewiesen wurden, ein substanzieller Betrag sind.

In einem Interview mit der Wirtschaftswoche reagiert Fraser Perring darauf wie folgt:

„Noch mal: Was ist jetzt mit dem Cash?
Entscheidend ist doch etwas anderes: Wer will in eine Firma investieren, die verschweigt, dass ihr Gründer derart profitiert?“

Ein anderer interessanter Punkt ist, dass man momentan nicht rausfinden kann, wie hoch die Shortposition von Perring ist. In Deutschland gibt es dazu zwei Schwellen, die relevant sind. Ab 0,2% des ausgegebenen Kapitals eines Unternehmens muss die Position gemeldet werden. Ab 0,5% muss eine Position offengelegt werden. Die Offenlegung erfolgt über den Bundesanzeiger. Während des Coronacrashs wurde die Meldepflicht auf 0,1% gesenkt.

Fraser Perring hat keine Shortposition veröffentlicht. Das heißt, sein Einsatz ist nicht so groß, wie er bei den Anschuldigungen vielleicht sein sollte. Oder Fraser Perring ist nicht so groß, wie die Resonanz vermuten lässt.

Um die Vorgänge bei der Grenke AG zu verstehen, müssen wir uns an Wirecard erinnern. Bei Wirecard konnte man scheinbar über Jahre, wenn nicht gar über eine Dekade hinweg die Bilanzen fälschen, ohne dass es jemanden interessiert hat. Deutschland schaute weg. Man wollte das nicht wissen. Stattdessen feierte man seinen einzigen vermeintlich globalen Konzern, der irgendwas mit Digitalisierung macht.

Bei Grenke kommt nun just einer jener Shortseller her, der bei Wirecard recht früh, aber sicher nicht an vorderster Front warnte. Die Zeiten sind also gut für die eigene Reputation und mit dieser Reputation im Bunde wirft Perring seine Vorwürfe gen Grenke.

Das interessant ist nun, es traut sich keiner dagegen zu halten.

Viele Statements zu dem Vorgang suchen vor allem Absicherung. Eine Grundaussage, auf die man sich einigen kann, ist, dass die deutsche Finanzaufsicht und somit auch der deutsche Finanzplatz, zur Lachnummer wird. Egal, was an den Vorwürfen nun dran ist. Entweder habe man schon wieder einen Betrugsfall übersehen oder aber die Regularien lassen solche Shortattacken zu wie die von Perring.

Das sind die tiefhängenden Früchte. Ich wusste nur noch nicht, dass es nur in Deutschland diese Shortattacken gibt, bei denen nicht immer alles so ist, wie es den Unternehmen vorgeworfen wird.

Unabhängig der Richtigkeit der Vorwürfe durch Vicero, wird die Bilanz von Grenke nun plötzlich in einem vollkommen anderen Kontext gelesen. Wo Grenke sich die Liquidität für die nächsten 3 Jahre gesichert hat, sieht man auf einmal lauter Schulden und denkt an Argentinien. Daraus wird anschließend eine leicht absurde Kurszielvergabe. Die Anleihen werden auf ein Kursniveau gesetzt, bei dem im Regelfall die Insolvenz eintritt und die Aktie soll bei 14 Euro stehen.

Reaktionensmuster, die diesem Denken entspringen, sind auch am Markt zu beobachten. Grenke widerlegt den größten Vorwurf, demnach ein substanzieller Teil des Cashs nicht vorhanden sei und die Aktie fällt. Es gibt laut Stimmrechtsmitteilungen einen großen Verkäufer. Was fehlt, sind die Käufer.

Welche Auswirkungen Wirecard auf den Finanzplatz Deutschland hatte, sieht man daran, dass die offensichtlichen Fehler eines Shortsellers nicht mehr zur Entlastung des Unternehmens herangezogen werden. Das ist tatsächlich bedenklich, zumal es Boden für weitere Shortattacken bereitet.

Zudem herrscht ein sonderbares Verständnis von Markt. Jan Krahnen merkte auf Twitter an, dass die BaFin nichts aus dem Fall Wirecard gelernt zu haben scheint. Der Grund? Sie ermittelt ergebnisoffen in beide Richtungen.

Das einzig gültige Marktkorrektiv sei die Reputation des Analysehauses. Nun ist es so, dass man Namen ändern kann. Zatarra Research hieß der Laden bei Wirecard. Fraser Perring lag auch nicht immer richtig. Und vielleicht viel schlimmer, die Analysten um Perring und er selbst haben vielleicht nicht wirklich viel Ahnung von den Bilanzen einer Bank. Vielleicht, weil man sich auch Fragen kann, wie viel Ahnung er oder sie haben wollen.

Eines ist gewiss. Sobald eine Bank im Spiel ist, besteht auch immer die Gefahr der Flucht des Geldes aus der Bank. Wer in Sachen Grenke positiv gestimmt sein sollte, der hat genau an dieser Stelle sein Risiko. Egal ob Fraser Perring richtig liegt oder nicht.

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